Tetjus Tügel (1892 - 1973) war eine der schillerndsten Künstlerpersönlichkeiten Worpswede. Gleichermaßen begabt als Dichter, Maler und Musiker , ranken sich unzählige Geschichten um das außergewöhnliche Leben des „Allround-Genies“. Davon zeugt auch sein Reisebericht über die abenteuerliche Wanderung von Südschweden nach Haparanda (Lappland), die er 1929 unternahm.
Zu Fuß, ohne Geld, mit Akkordeon im Gepäck und bewaffnet mit Papier und Bleistift, machte er sich zusammen mit zwei nicht minder verwegenen Gefährten auf den Weg. Humorvoll und äußerst unterhaltsam schildert er die Unwägbarkeiten dieser verrückten Reise.
Der Reisebericht stammt aus dem Nachlass des Künstlers. Während der Recherche zu unserem Theaterstück „Tetjus Tügel – eine Hommage“ fiel dieses außergewöhnliche Dokument in unsere Hände und ließ uns nicht mehr los.
Unser herzlicher Dank gilt Tetjus Tügel jr., der uns genehmigte den Text für die Lesungen zu verwenden!
Der 1892 in Hamburg geborene Maler, Autor und Musiker (zuweilen war er auch noch als Schauspieler tätig) lebte zwischen 1909 und 1939 vorwiegend in Worpswede. In diese Zeit fallen aber auch längere Aufenthalte in Hamburg und Berlin sowie mehrmalige Reisen nach Schweden. Der Versuch per Schiff von Bremerhaven nach Madagaskar zu reisen, endete unverhofft in Le Havre. 1939 zog Tetjus Tügel nach Bederkesa, später nach Brillit. Ab 1951 lebte er bis zu seinem Tod im Jahr 1973 in Oese.
Sein bildkünstlerisches Werk umfasst ca. 4000 Gemälde, Grafiken und Zeichnungen. Der größte Teil seiner Werke ist in Privatbesitz. Museumsankäufe seiner Bilder gab es unter anderem von der Hamburger Kunsthalle.
Tetjus Tügel war Gründungsmitglied der Hamburgischen Sezession und in den 1920er Jahren maßgeblich an den legendären Hamburger Künstlerfesten beteiligt. In der Zeit nach 1933 erfolgte die von den Nationalsozialisten betriebene regionale und überregionale Ausgrenzung des Künstlers Tetjus Tügel. Seine Bilder wurden aus den öffentlichen Sammlungen entfernt und einige davon 1938 in der Düsseldorfer Ausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt. Ab Mai 1940 erhielt er ein absolutes Mal- und Ausstellungsverbot und wurde aus der Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen. Erst nach 1945 konnte er seine bildnerische Arbeit wieder aufnehmen.
Das Multi-Talent Tetjus Tügel bezeichnete sich selbst als „Malerpoet“ und so hinterließ er auch als Schriftsteller ein beachtliches Werk. Schon der expressionistische Dichter Richard Dehmel, Freund, Förderer und zeitweise Schwiegervater Tügels war von dessen schriftstellerischem Talent überzeugt. Im Laufe seines Lebens erschienen zahlreiche Romane, Gedichtbände und Erzählungen.
Seine Auftritte als Musiker – ob am Klavier oder mit Akkordeon – besaßen Kultstatus in Worpswede und Hamburg. Zwischendurch eröffnete der charismatische Tausendsassa in Hamburg ein eigenes Kabarett. Und wie es dazu kam, dass er an den Hamburger Kammerspielen als Darsteller für den erkrankten Fritz Kortner in Wedekinds „Büchse der Pandora“ einsprang, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben.
Tetjus Tügel war sieben Mal verheiratet und wurde Vater zahlreicher Kinder.
Der Dramatiker und Theaterkritiker Julius Bab bezeichnete Tetjus Tügel als „Genie des Fleißes und des Lasters“.